Über die Höhen im Bergischen Land: 300 km; 6600 positive Höhenmeter

Über die Höhe im Bergischen Land: 300,6 km und 6600 positive Höhenmeter plus x% UW

Der 5 Tage Etappenlauf über die Höhen im Bergischen Land fand von 18. bis 22. Mai 2010 zum 2mal statt. Ein Ruhetag ist nicht vorgesehen.

Ich sollte diesmal hier meinen ersten Etappenlauf bestreiten empfohlen vom Ausrichter und meinem Freund Wolfgang Olbrich. Für mich war klar, dass ich hier viel auch über meinen Körper im Sinne, was kann er unterwegs essen/verdauen lernen wollte und „lange Läufe“ sammeln wollte, die in meinen Training oft zu kurz kommen (wenn man Ultramarathon laufen will). Somit fuhr ich auch bewusst nur mit wenig „Extraernährung“ am Montag den 17.5. zum Hoteltreffpunkt in Wipperfürth. (3 Energieriegel, 2 Tuben Kohlenhydratgel, auf Grund der Packungsgröße vielen Espressobohnen in Schokolade, Salztabletten, 3 Sorten von Energiemixgetränken zum Testen was ich vertrage und !! mag.)
Herzliche Begrüßung unter Läufern und für „Etappengreenhorns“ wie mich Worte die man oft hört, aber doch bedenken soll: „Geh nicht zu schnell an.“ „Der 2. Tag ist die Königsetappe und wird Dir richtig weh tun“. => Danke das ist mein Urlaub!!
Abends generelle Einführung und Etappe 1 im speziellen – letzteres gab´s dann vor jeder Etappe separat:

Tag 1, zum Einlaufen rund um Lindlar: 55,2 km mit 1200 positiven Höhenmetern.

Tag 2, die Königsetappe rund um Solingen: 75 km und 1700 HM.

Tag 3, „…wieder ganz leicht..“ 58,7 km und 1500 HM.

Tag 4, „…..wird nochmal richtig hart…“ 65,8 km und 1300 HM.

Tag 5, zum Auslaufen nur 45,9 km und 900 HM.

Unvergessliche Kommentare von Frank Klaka (mit Wolfgang Olbrich der Organisator):
„ Folgt dem Wanderzeichen …….. und schaut lieber genau bevor ihr falsch lauft. „ (Siehe Titel: plus x% Umwege =UW).
„ Wenn Ihr da seit, seit Ihr falsch“.
„Da geht es dann nochmal hoch. Radfahrer müssen absteigen und das Rad schieben, nein tragen!“
An 3 von 5 Tagen!!!!!!!!: „ Also der Weg ist am allerbesten ausgezeichnet, da kann man sich eigentlich nicht verlaufen.“ (Sorry Frank: Wir haben auch das geschafft!)

Einschub: Von den neuen Lauffreunden die ich kennen gelernt habe, war Frank einer von denen die mich beeindruckt haben. 
Frank strahlt die Ruhe eines „Iceman“ aus und würde mir bei einem bestimmten Lauf im September wahrscheinlich unterwegs zunächst äußerlich emotionslos sagen: „Also wenn Du jetzt nicht läufst musst Du nächstes Jahr nochmal hin und ob Deine Frau Dir nochmal Urlaub gibt?????????????“ und später vielleicht: „Wofür hast Du eigentlich soviel trainiert, ob Du bei 2 oder bei 200 km aufhörst. Egal: DNS ist DNS (=did not finish).“ Sein Ton würde mir aber sicher sagen: „Steh auf, Du Jammerlappen.“
Tag 1: Wir starten dann also am Dienstag um 8:00 Uhr nach offizieller Rede des Bürgermeisters von Lindlar zur „Einrolletappe.“ Ich laufe nach Puls und trotzdem wahrscheinlich zu schnell vorne mit und …………….natürlich nach 3 km bereits zum ersten mal falsch. Umdrehen einer immerhin 6 köpfigen Gruppe und die Peinlichkeit das Feld von hinten erneut zu überholen. Spießrutenlaufen: „Wo wart Ihr denn…. etc.“ Bis Oliver und ich – die Verlauf Prämiere waren nur Männer – antworten: „Wir waren alle mal austreten. Frauen tun dies doch auch in Gruppen“. Die Stimmung ist gut und wir werden mit: „Bis gleich dann wieder“ verabschiedet.
Zur Auszeichnung der Stecke: Wir laufen auf vom Wanderverein markierten Wegen. Das heißt auch dass die Markierung für ein Tempo von 5km pro Stunde sicher sehr gut ist. Bei dem Tempo macht ein Stöckchen oder loser Stein unter dem Schuh auch kein Problem. Bei den späteren 3 Siegern betrug das mittlere Tempo über die 300 km etwas mehr als 10 km pro Stunde. Da schaut man mehr auf den Untergrund und verpasst schnell ein Schild. Auch in den kleinen Orten geparkte LKW oder ablenkende Wandertruppen die man grüßt und umläuft können einen das Schild ebenso verpassen lassen, wie ein „gutes Gespräch“ oder der von Traktorreifen zerwühlte ehemals matschige Untergrund von Feldwegen.
VP 1 (=Verpflegungspunkt, alle von freiwilligen Helfern – denen sei auch nochmals danke gesagt! – ca. alle 10 bis 15 km). Kurze Pause. Ich entscheide mich mutig für ein Salamibrot – hab ich beim Laufen noch nie gemacht. Sobald Oliver, Josef und ich soweit sind – d.h. getrunken und gegessen und Müll am !!!!!! VP entsorgt haben – bei diesem Lauf wird nicht vom VP bis 1km später der Plastikbecher in den Wald geworfen; soviel Naturliebe und auch Höflichkeit gegenüber den Helfern muss sein – laufen wir weiter. Sascha läuft auch mit uns und vor uns. Redet aber schon weniger als wir, vielleicht auch weil er nicht in unserem Hotelzimmer ist, vielleicht aber auch weil er eher in meine Leistungsklasse gehört, und nicht in die Klasse von Josef und Oliver. Weiter geht’s durch schöne Landschaften, viel bergauf (und bergab => runter kann mehr weh tun als hoch: Mann/Frau erinnere sich an den ersten Marathon bzw. die Treppen zu Hause danach!!!) auf Feldwegen, selten mal Asphalt und vielen Waldwegen. Heute ist es noch kühl und wir laufen alle in langer Hose und Jacke. Die Suche nach Wegzeichen, hat auch was Positives: Man ist abgelenkt. Mich lenkt heute meine Radtourwade noch ab. Ich habe mir eine Woche zuvor bei einem Fahrradsturz die Pedale zwanglos in die Wade versenkt, was diese bis vor 3 Tagen mit „nach 8 km ist Schluss“ kommentierte. Viel Tape und viel Hoffnung haben mich trotzdem hier starten lassen, was später belohnt wird. Ab Kilometer 15 bleibt das Zwicken konstant und ich kann nicht sagen, dass es mich wirklich behindert. Es bremst mich bergauf, was aber vielleicht auf lange sich gut ist. So geht es letztlich mit vielen schönen Ausblicken weiter bis Kilometer 50 km. Dann glaubt Sascha er müsste losziehen. Ich hatte gut 5 Stunden Zeit zu sehen, dass diese Idee, wenn Oliver auch nur teilweise will unter : „Nicht gut“, einzuordnen ist. Ich denke an die 4 Tage die noch folgen. Josef hat gerade kein Gel könnte aber sicher auch, wenn er den Puls mal über 150 schicken wollte, aber – für die Generation die den Komik Werner noch kennt – : „Ich sach noch…., aber Sascha hört ja nicht!“. Oliver macht nicht Ernst – sowie an den folgenden Tagen auch nicht, für ihn ist das Alles Training – und läuft gemeinsam mit Sascha zum Etappensieg vor Josef und schließlich mir als 4. mit mehreren Minuten Rückstand. Im Ziel begrüßt mich Wolfgang mit einem: „Super, Dietmar“, aber ich sehe in seinen Augen dieses: „Du überzockst das Tempo. Morgen wirst Du leiden oder aussteigen.“ ————- Im Hotel: Duschen, Kaffee und Apfelkuchen und viel trinken noch vor dem Abendessen. 21:00 Uhr Bett. Was will ich mehr. Urlaub mit viel Bewegung an der frischen Luft, wenig Kaffee und früh ins Bett.

Tag 2: Wir starten bereits im 7:00 Uhr zur Königsetappe rund um Solingen. Wie ich die durchstehen soll, weiß ich noch nicht. Die Treppe zum Frühstück wäre ich gerne rückwärts runter. Nur die Blicke der anderen Läufer ließen mich hierauf verzichten. Aber nach 3 km geht es besser und nach 10 km läuft es. Und: Die Wade ist frei. Ob ich meinen Patienten bei Wadenschmerzen, Prellungen und Zerrungen dort generell einen 55 km Lauf empfehlen soll? Kommt vielleicht nicht so gut an! Ansonsten gleiches Spiel wie gestern, nur dass sehr schnell Zimmer 3 des Hotels (=Josef, Oliver und ich) allein sind. Natürlich rituelles verlaufen, diesmal bei ca. bei Kilometer 10, lässt das Peter-Doppel nicht nur in sich hinein lachen. „Beim nächsten Treff geb Ihr einen aus!!!!“. Heute ist es wieder eher kühl – Gott sei Dank – und zumindest bis KM 30 laufe ich mit Jacke. Letztlich wird der Tag für mich sehr gut. Wieder ohne Gelverwendung. Nur Gummibärchen, Salamibrot und Honigwaffeln. Unsere 3er Gruppe finished gemeinsam nach 7 Stunden 50min diese Etappe und Wolfgangs Blick ist nicht mehr ganz so skeptisch. Heute bekomme ich auch eine dieser tollen Urkunden mit Streckenkarte wie wir gelaufen sind darauf. Im Hotel: Duschen, Kaffee und Apfelkuchen und viel trinken noch vor dem Abendessen. 21:00 Uhr Bett. Rituelle Handlung.

Tag 3: „Eine leichte Etappe rund um Remscheid=Röntgenlauf“: Start 8:00 Uhr, wieder bei Kilometer 10 zweites Überholen von Peter und Peter und wieder führen wir. Aber es geht mir etwas schlechter als gestern. Die Achillessehne zwickt bergauf am linken Fuß und die Oberschenkel bergab……. und müde sind die Beine auch. Nördlich vom Main sollte es flach sein! Aber wieder tolle Ausblicke. Wir scheuchen morgens auch Hase und Reh auf und wir warten auch brav an Bahnschranken auf den ICE und Pferdekoppeln auf die Pferde die auf die Weide getrieben werden. Josef macht etwas Tempo: Er läuft gerne gegen die Uhr und er will dann doch versuchen Oliver die 30 sec Rückstand von Tag 1 abzunehmen. Letztlich laufen wir nacheinander ein und Oliver baut seinen Vorsprung auf knapp 5min aus, ich finishe auf Platz 3 mit acht Minuten hinter Josef. Aber ich habe heute ein Gel benötigt. Hoffentlich kommt morgen nicht der Einbruch.

Tag 4, „Der wird nochmal richtig hart“, sagt der „Iceman“; Rund um Kürten: Start 8:00 Uhr, Oliver Josef und ich (=Zimmer 3) führen. Langsames Tempo, d.h. 6min pro Kilometer (Remember: 65,8 km und 1300 HM). Wieder bei knapp Kilometer 10 sind Peter und Peter, aber auch Gabi, die von Tag zu Tag stärker wird und immer lacht – und als einzige immer die Treppen vorwärts runter tänzelt -hinter uns. Sie hat auch immer einen lustigen Spruch drauf. Da ich als 3. unserer Führungsgruppe laufe: „Dietmar, spürst Du meinen Atem in Deinem Nacken“. „Okay, Jungs, wir müssen hier weg!“ Kurz gesagt: Es geht besser als ich denke. Der Muskelschmerz hält ab Kilometer 5 sein Niveau, nur die Achillessehne meldet sich wechselnd unter dem Motto: „Hallo, ich bin auch noch da“. „Halt die Schn……., blöde Sehne.“ Im Geiste sehe ich aber die Sehne im Mikroskop vor mir, wie einzelne Fasern abreisen wie ein überlastetes Tau……. Manchmal ist man als Orthopäde im Nachteil, wenn man zu viel von seinem Körper weiß.
Kurz gesagt: Mein 2. Gel wird an diese Tag verbraucht, aber wir finishen gemeinsam als erste. Zimmer 3 schläft auf einer guten Wasserader.

Tag 5, Rund um Wipperfürth: Laut Wolfgang, der Josef „heiß macht“, in 3:30 zu schaffen. (Vielleicht als Einzellauf wenn man den Weg kennt.) Vier Stunden wären super für die 45,9 km und 900 HM – wer da noch über den Schwarzwaldmarathon mit ebenen 400 HM und Waldwegen wie eine Autobahn und einer Ausschilderung, die einen „ohne Kopf“ den Weg finden lässt, jammert, weiß nicht wovon er spricht – mich interessiert beides nicht. Ich habe 2 Stunden Vorsprung auf Platz 4 und will einen Pokal: Und Wolfgang hat schöne Pokale besorgt!! Muss eigentlich reichen, aber: Krampf, Achillessehne, und überhaupt Alles was passieren kann!!! Zimmer drei läuft bis VP 2 bei Kilometer 25 zusammen und vorne. Nun sind es noch 20 km und ich bin an Platz 3 mit 2 Stunden plus ? vor Platz 4: Dass muss reichen, insbesondere, wenn ich mich nicht mehr verletze und das ruhig nach Hause laufe. „Tschüss, Oliver und Josef. Ich lasse gleich abreisen.“ Ich gehe langsam vom „Gas“ und konzentriere mich noch mehr auf die Wegweiser. Da ich noch genug zu trinken bei mir habe, komme ich beim letzten VP bei Kilometer 34 nicht nur gut an, sondern halte auch nicht. Nur eine kurze freundliche Begrüßung an die Helfer vom VP3 für die Opferung Ihrer Freizeit. 50 m später: „Hei, Jungs (Oliver und Josef sind falsch abgebogen und kommen mir entgegen); hier rechts!“. Noch 11 km bis zum Ziel. Ich habe ca. 290 km in den Beinen und werde langsam stolz auf mich. Meine Beine sind müde. Leider kein Gel mehr da. Aber wofür auch. Oliver ist sicher Platz eins. Josef müsste ich 12 min abnehmen. A) Das kann ich nicht mehr auf 11 km – und B) hätte es auch auf den ganzen Tag heute nicht gekonnt – und C) Platz 3 heißt: Stolz das es nicht Platz 4 ist, aber kein Zweifel und Hadern warum nicht Platz 1. Durch den Wald sehe ich einen Wegweiser: Noch 2 km bis Wasserfuhr, wo unser Start und Ziel heute ist. Es geht bergab und ich lasse es rollen. Ich sehe das Ziel bzw. das Hotel, wohinter im Biergarten das Ziel ist. Auf einmal tut auch Nichts mehr weh. Nah also. Geht doch. Nach 4:10:07 bin ich da. Wolfgang und Frank empfangen mich/uns persönlich, d.h. jeweils jeden Läufer. Persönlicher Glückwunsch. Glückwunsch an Oliver und Josef und auch „Danke“ von mir an Oliver, der die Truppe zusammengehalten hat und mehr trainiert als „wettgekämpft“ hat. Viel Glück an beide für den 24 Stunden Lauf in Rockenhausen in 4 Wochen, wo beide für über 230 km gut sind.
Übrigens: Jeder Läufer gratuliert wirklich jedem zum bestandenen Etappenlauf und freut sich mit ihm. Jeder von uns hatte auch unterwegs seine Krisen und „weh-weh-schen“. Und sicher kann jeder der hier gefinished hat stolz auf sich sein.
Nach 30 min gehe ich schnell duschen, von den Abständen zu den anderen ist gerade kein weiterer Einlauf zu erwarten. Und dann: Kaffee, Kuchen und alkoholfreies Weizen……..
Ich esse und trinke und denke nach – neben der Unterhaltung:
Insgesamt habe ich 30:49:03 für alle Etappen benötigt. Ein runder 6:00 min Schnitt pro Kilometer bei 6600 HM plus Wegsuchen. Das ist gut. Ich werde das aber noch in den nächsten Tagen verarbeiten müssen. Mental und körperlich.

Abends: Tolle Siegerehrung, eine Wunderschöne Medaille und ein noch schönerer Pokal. Wir sitzen noch länger zusammen und frühstücken alle auch am nächsten morgen noch gemeinsam. „The end of a perfect running event. „

Übrigens: Mann kann auch jede Etappe als Einzellauf absolvieren. Was auch einige Zusatzteilnehmer nutzten.